Domspatzen (2008)
Ein Jahr lang hat Regisseur Matti Bauer die jungen Sänger beobachtet und Höhen und Tiefen ihres Lebens als angehende Domspatzen miterlebt. Es sind keine Wunderkinder, die wir in seinem Film kennen lernen, sondern Buben, die an der Schwelle zur Pubertät stehen, manchmal ganz Kind, ein anderes Mal kleiner Mann mit Milchbart, der Gameboy spielt und Angst hat vor dem Stimmbruch. Jeder mit seiner eigenen Persönlichkeit und besonderen Wünschen, die im Lauf des Jahres immer wieder auf die Probe gestellt werden. Marco, der wegen seines Heimwehs in Tränen ausbricht und mehrmals ans Aufhören denkt. Johannes, der es gar nicht darauf anlegt, schnell voran zu kommen und lieber Harry Potter liest. Peter, der immer gut drauf ist und dem alles zufliegt, ohne dass er sich groß darum bemühen muß. Und der Klassenprimus Maxl, der trotz seiner schulischen Erfolge am Ende des Jahres feststellt: „Es kann einem nicht immer perfekt gehen. Aber man soll nicht verzweifeln, wenn es einem schlecht geht. Du kannst immer noch durchhalten.“
Und genau das tun die jungen Domspatzen in Matti Bauers Film - mit einer Intensität, wie man sie selten zu sehen bekommt. Eine intime Nähe liegt in den Bildern von Kameramann Waldemar Hauschild, der auch dann dicht an den Jungen bleibt, wenn sie durch die Gänge des Internats jagen und Freudentänze vollführen. Mit viel Kraft und oft unfreiwilliger Komik verfolgen die Buben ihre Ziele. Wir Zuschauer werden Zeugen dieser Anstrengungen und lassen uns verzaubern von ihrem Gesang, der zwar nicht immer perfekt, aber von Mal zu Mal besser wird und bei den Auftritten des Konzertchors bewegende Höhepunkte erlebt. Dass das Singen den Buben Spaß macht und ihnen über so manchen Kummer hinweg hilft, ist eine simple, und doch tief gehende Botschaft dieses Films. In einer Zeit, wo wir Tausende von Liedern auf unserem MP3-Player speichern, aber selber keines mehr singen können, ist das filmische Plädoyer fürs Singen fast schon eine Provokation. Die Domspatzen machen uns so richtig Lust darauf, wieder einmal aus vollem Hals zu singen. Es muß ja nicht gleich ein Halleluja sein.
Buch und Regie: Matti Bauer
Kamera: Waldemar Hauschild
Ton: Gregor Kuschel
Schnitt: Gaby Kull-Neujahr BFS
Redaktion: Sonja Scheider, Jochen Kölsch
Tangram Christian Bauer Filmproduktion
89 min.